Gewissermassen könnte man die Liebesbeziehung des Gustav von der Reid und Toni als Parallele zum Leben des Autors selbst sehen. Als wir nämlich das Privatleben von Kleist durchforscht hatten, bemerkten wir eine ähnliche Geschichte darin. Heinrich soll kurz vor seinem Suizid eine Affäre mit seiner krebskranken Freundin gehabt haben. Diese befand sich bereits im Endstadium der Krankheit und es war klar, dass sie bald sterben wird. So erschoss Heinrich, wie es Gustav schon in der Novelle tat, seine Geliebte und danach sich selbst. Das Schicksal beider beinhaltet den Tod der Freundin, die reale Handlung hingegen im Einvernehmen beider Parteien.
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Wie beinahe jedes literarische Werk, das in der Schule gelesen wird und viel Interpretationsspielraum freilässt, ist auch die Verlobung in St. Domingo spielerisch durch Playmobilfiguren von Sommers Weltliteratur zusammengefasst. Zehn Minuten, die es auf jeden Fall wert sind, geschaut zu werden. «...Toni trug den Überrock des Fremden und mehrere andere Sachen...», «...nachdem sie Toni noch befohlen hatte, dem Herrn ein Fussbad zu bereiten...» (vgl. S. 15-16). Unserer Meinung nach spiegelt sich die typische Frauenrolle in der Geschichte deutlich ab. Der Mann jagt und kämpft draussen in der Gefahr und die Frau ist für die Gäste zuständig. Der weibliche Reiz wird ebenfalls gebraucht, um Gustav hierzubehalten. Ein anderes Beispiel ist Herr Strömli, der als Familienoberhaupt bezeichnet wird und dadurch wiederum der Männerrolle gerecht wird. Eine Geschichte voller Stereotypen also.
Als wir die Passage der Geschichte gelesen haben, in der die 15-jährige Toni bereits ihre Lebensplanung festlegt, haben wir alle erst einmal gestutzt. Uns erschien die Vorstellung fremd, dass sich jemand schon dermassen früh ernsthaft mit Themen wie Hochzeit und Zusammenziehen beschäftigt. Auch das Techtelmechtel der beiden mit dem beträchtlichen Altersunterschied fanden wir etwas ungewöhnlich. Die Handlung wird keineswegs obszön oder mit Hang zur Pädophilie beschrieben, jedoch überraschte uns die Selbstverständlichkeit, mit der Gustav von einer Einwilligung Tonis ausging. Es ist dabei unerlässlich, sich mit dem geschichtlichen Hintergrund der Novelle zu befassen. Es war damals nichts Aussergewöhnliches, in diesem Alter zu heiraten. Historisches Lexikon der Schweiz
Nicht nur in Frankreich oder im Vatikan, sondern auch in der Karibik waren Schweizer Söldner aktiv. Gustav von der Ried tritt als solcher in der Novelle auf. Der Mann aus Thun wird als verantwortungsbewusst, liebevoll und einsichtig beschrieben. Er macht einen positiven Eindruck auf den Leser, obwohl ein weisser Söldner in einem schlechten Licht steht. Seine Situation wird verständlicher, in Anbetracht dessen, dass die Schweiz zu dieser Zeit ein Vasallenstaat Frankreichs war und somit verpflichtet war Truppen zur Verfügung zu stellen. Das Söldnerwesen ist ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte. Schweizer Söldnertum
Wir verdienten unser Geld, indem wir die Kriege anderer Länder unterstützten. Noch heute kann man sich über die Schweizer Beteiligung in Kriegsmaterialexportgeschäften streiten. Es ist gut, dass Heinrich von Kleist, in seinem Werk auf dieses Thema Bezug nimmt. Wir sind uns einig, dass wir niemals als Söldner dienen wollen würden. Selbst in der damaligen Zeit, wäre es für uns moralisch nicht vertretbar, gekauft zu werden, um Menschen zu töten. Dem heutigen Militärdienst schauen wir ebenfalls kritisch entgegen. Dieser könnte sich mehr auf die Notlagen und Krisensituationen konzentrieren, um der Gesellschaft wirklich zu helfen. Die Handlung spielt in St. Domingo (heute Santo Domingo) sowie in Port-au-Prince. Diese Städte befinden sich auf der grössten Insel der Karibik. Heute sind sie bekannt als Haiti und Dominikanische Republik. Der Inselstaat bietet viele touristische Attraktionen, wie Museen, Burgen und Kathedralen aber vor allem auch traumhafte Strände. Wir finden diese Insel sehr ansprechend und könnten uns vorstellen dort ein paar Wochen zu verbringen. Dabei würde das Buch bestimmt einen völlig neuen Charakter entfalten.
«Seid ihr eine Negerin?» (vgl. S. 3+5). Von Anfang an merkten wir, dass das Buch in einer Zeit geschrieben wurde, in der Rassismus noch kein Begriff war. Ausdrücke wie «Neger», «Mulattin» und «Mestize» waren alltäglich, was für uns heute kaum vorstellbar ist. Rassismus ist zwar eines der Hauptthemen der Novelle, doch es wurde nicht geschrieben, um ihn zu bekämpfen. Um das Werk kritisch unter die Lupe nehmen zu können, ist es zwingend nötig, sich mit dem zeitgeschichtlichen Hintergrund vertraut zu machen. Moralisch ist es für uns vertretbar heute die Geschichte zu lesen, doch eine Solche zu schreiben wäre höchst kritisch.
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